Alles, was bleibt, ist Liebe.

EXHIBITION
ANNA CEEH – IV TOSHAIN
Kuenstlerhaus Passage, Vienna
1. November – 7. November 2012

Kritik: Annette Tesarek, Künstlerin und Kommunikationsforscherin

 

Alles, was bleibt, ist Liebe.

 

Während Iv die Truppen (Puppen) auf dem Monitor am Boden im Takt tanzen lässt, spritzt Annas Titte auf dem Bildschirm Rücken an Rücken mit Ivs Truppen munter vor sich hin. Statt phallischen Ergüssen, erhaschen wir intime Spritzer von Muttermilch, die aus der Brustwarze gepresst werden. Wie eingeschlagene Granaten stecken die vierzackigen, sternartigen Wurfmesser in Ivs Artefakten an den Wänden. Eine Kate Moss, ein schwarzer Kreis oder eine mit Wurfgeschossen ornamental verzierte Holztafel zerschmettern sich selbst in anmutender Ästhetik, während der Anker der Urzeit hoffnungsvoll in sich zu ruhen scheint. Seine empfindlichen Stellen wurden sorgsam mit kleinen Holzkeilen unterlegt, damit er im Ausstellungsensemble ja keine Verletzung durch eine „unbequeme Liegeposition am Boden“ erfährt. Auf einem Kunstwerk wurde Feminismus der –ismus ausgestrichen und an der improvisierten Selbstbedienungsbar bekommen wir klares: Wein, Wodka, Wasser. Toshain und Ceeh spielen gekonnt auf der Klaviatur der Form, die dem Kunstmarkt entgegenkommt und treffen ins Schwarze.
Was auf den ersten Blick plakativ und abgedroschen erscheinen könnte, ist ein unverblühmter und schonungsloser Abgesang auf männerdominiertes Getue und die weibliche, erstarrte feministische Opposition. Anstatt eines mauen „Ich will auch“ zeigen die Künstlerinnen, was Frau (sein) kann und legen Synergien frei.
Mit jedem neuen Bild verblassen die Konturen der von Ceeh auf Makrolon (Makrolon® wird etwa für Dichtungsringe in Militär-Fahrzeugen, wie Panzern und bei Schutzscheiben der Polizei-Einsatzfahrzeuge, verwendet) geprinteten Fotointimitäten, bis sie sich Auflösen und mit dem Weiß der Wand zu verschwimmen drohen. Wer Anna und Iv trifft, bleibt beeindruckt.

Femin braucht keinen Ismus.

Der vermeintliche Ismus lauert mitten unter uns und versucht uns mit seiner kalten Fratze aus dem Dunkel heraus anzuspringen, wie eine im Gebüsch lauernde Zecke. „Nein, danke!“ sagen dazu die Künstlerinnen Iv Toshain und Anna Ceeh, die sich selber die Zecken ziehen. Endlich Schluss mit Zeckentourismus!

Äußerst passend, dass DJ Chilo Eribenne, die selber künstlerisch-aktivistisch tätig ist, diesen grandiosen Ausstellungsauftakt mit Statements aus ihrer Plattensammlug beflügelt.

Der Anker des angedeuteten Quantensprungs ankert in der Zeit, zeitlos.

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